Für Betroffene einer Histaminintoleranz ist Wein ein schwieriges Thema. Wein und Histamin sind nämlich enge Freunde: Wein gehört zu den Lebensmitteln, die Betroffene einer Histaminintoleranz meiden sollten, da sie ansonsten Symptome und Beschwerden bekommen. Bereits ein Glas Wein kann für manche Menschen zu starken Magenbeschwerden, Kopfschmerzen oder Juckreiz führen.

Wie kommt denn Histamin eigentlich aus dem Wein?
Was macht einen guten histaminfreien Wein aus?
Und was macht Histamin armen Wein gut?  

In diesem Artikel geben wir dazu Antworten! Ich kann euch heute nämlich aus einem Interview mit Hildegard Fuchs vom Weingut Fuchs über das Thema Wein und Histamin berichten.

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Fünf Fragen und Antworten rund um Wein und Histamin

Liebe Frau Fuchs, wie kommt es, dass sich Ihr Weingut mit histaminfreien bzw. histamingeprüften Weinen beschäftigt? 

Vorab: auch wenn Kunden meist nach „histaminfreien“ Weinen fragen, dürfen wir als Winzer diesen Begriff gemäß einer EU-Verordnung als „gesundheitsbezogene Angabe“ im Zusammenhang mit Wein nicht verwenden. Daher reden wir grundsätzlich nur von „histamingeprüften“ Weinen und meinen damit die Weine, für die uns eine konkrete Laboranalyse, also ein in Zahlen ausdrückbarer Wert als Nachweis des Histamingehalts vorliegt. In unserer Familie und im Freundeskreis finden sich mehrere Allergiker, deren Probleme von Pollen- und Nahrungsmittelallergien bis Laktoseintoleranz reichen. Leider gehöre ich selbst auch zu diesem „erlauchten Kreis“. Insofern gab es bereits ein aus eigener Erfahrung geprägtes Verständnis für Allergien ganz allgemein. Als Gastgeber setze ich einem laktoseintoleranten Menschen ganz bestimmt keine Sahnesoße und einem Nussallergiker keine Haselnusstorte vor – schließlich können selbst „kleine Sünden“ bei allergischen Reaktionen lebensgefährlich sein. Von da war es nur ein kleiner Schritt, sich auch mit Histaminintoleranz zu beschäftigen, denn es ist wirklich bedauerlich, wenn man als echter Genussmensch der Gesundheit wegen auf viele leckere Dinge verzichten muss. Der Mangel an konkreten Informationen in der einschlägigen Weinbauliteratur weckte unseren Ehrgeiz; wir sahen (und sehen es noch) als echte Herausforderung, Weine mit geringem Histamingehalt zu erzeugen. Umfangreiche eigene Versuche und Untersuchungen in den Weinbergen und im Keller führten schließlich zum gewünschten Ergebnis.

Was bedeutet histamingeprüfter Wein?

Für alle „histamingeprüften“ Weine liegt uns eine konkrete Analyse eines anerkannten Labors vor, die wir auf der Webseite zum Herunterladen zur Verfügung stellen. Zur Zeit liegen die Werte für diese Weine alle bei unter der Nachweisgrenze von 0,1 mg je Liter, womit laut Kundenresonanz viele Allergiker gut zurechtzukommen scheinen.

Warum steht es auf Ihren Weinen nicht geschrieben, dass diese so eine geringe Menge an Histamin enthalten sind?

Fragen Sie die EU! Der histamingeprüften Weine wegen hatten wir einen Besuch von der „Weinkontrolle“, der für den Weinbau zuständigen Behörde der rheinland-pfälzischen Landesregierung, die neben der Überwachung von Weinanbau und -ausbau auch für die Weinbezeichnungen zuständig ist. Laut Weinkontrolle sind gesundheitsbezogene Angaben auf dem Etikett nicht zulässig. Im Übrigen ist „geringe Menge“ relativ. Mit der konkreten Angabe in der Analyse kann jeder selbst entscheiden, ob der Wert für ihn/sie niedrig genug ist. 

Und wie kommt denn jetzt das Histamin aus dem Wein?

Keine Ahnung, was die Kollegen machen – bei uns ist dies die falsche Frage. Wenn einer unserer Weine Histamin enthält, dann hat er es auf natürlichem Weg entweder von den Trauben mitgebracht oder im Keller entwickelt. Bei solchen Weinen kommt das Histamin nicht „aus dem Wein”, sondern es bleibt unverändert darin. Solch ein Wein ist für HIT-geplagte Menschen einfach nicht geeignet. Histamin aus Wein in irgendeiner Weise zu entfernen hieße, den Wein zu vergewaltigen, und das möchten wir nicht. Unser Bestreben ist es stattdessen erst gar kein Histamin entstehen zu lassen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen vom Anbau bis in den Keller alle, aber auch wirklich alle Faktoren stimmen. Das ist der Grund, warum es nicht jedes Jahr und bei ausnahmslos jedem Wein funktioniert. So hat z.B. unser trockener Gewürztraminer aus 2013 einen geringen Histamingehalt, während der süße 2014er unter der 0,1 mg/l-Nachweisgrenze liegt. Wein ist ein Naturprodukt, das sich jedes Jahr – schon allein der nicht beeinflussbaren Bedingungen beim Wetter wegen – ein wenig anders entwickelt. Trauben bilden unterschiedlich hohen Extrakt in winzigen, aber oftmals entscheidenden Details unterschiedliche Inhaltsstoffe wie Aromen etc. Verteilen Sie eine Partie Most zur Gärung auf zwei verschiedene Tanks, können Sie darauf wetten, dass die Gärung und weitere Entwicklung der beiden ein wenig unterschiedlich verläuft. Wir haben es weitgehend geschafft, die Entwicklung von Histaminen zu vermeiden … weitere Details fallen jedoch unter das Betriebsgeheimnis. Noch eine Bemerkung: Irgendwo habe ich sinngemäß gelesen, dass “histaminfreie Weine nicht schmecken können, weil ihnen das Histamin fehlt”. Das ist blanker Unsinn, und die Medaillen, die einige unserer histamingeprüften Weine im vergangenen und in diesem Jahr gewonnen haben, belegen diese Aussage.

Gibt es einen Unterschied zwischen weißem und rotem histaminarmen Wein in der Herstellung? Ist eine Sorte aufwendiger herzustellen?

Rotwein ist grundsätzlich aufwendiger in der Herstellung als Weißwein, aber das hat eher mit der Farbe als mit den Histaminen zu tun. Wir bemühen uns bei allen Weinarten darum, die Trauben erst gar keine Histamine mit in den Keller bringen zu lassen. Dennoch können sich bei der Verarbeitung im Keller Histamin entwickeln, was wir zu vermeiden suchen, aber was bedingt durch die natürlichen biochemischen Prozesse bei der Gärung und Reifung leider nicht immer und bei jedem einzelnen Wein gelingen kann.

Vielen Dank für das sehr aufschlussreiche Interview! 

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Histaminfreier Rotwein

Interviewpartnerin Hildegard Fuchs

Hildegard Fuchs und ihr Mann Hans-Jakob Fuchs betreiben gemeinsam das private Weingut Fuchs, dessen Tradition bis 1626 zurückreicht. Der Chef des Hauses ist als Kellermeister für den Ausbau aller Weine verantwortlich. Seine Frau kümmert sich um das Geschäft dahinter, das Marketing, den Kontakt mit Kunden und den Online-Auftritt. Das Weingut und ein Teil der Weinberge liegen in Flörsheim-Dalsheim im südlichen Rheinhessen – weitere Weinreben befinden sich in der benachbarten Pfalz.

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